Grosskundgebung „Rüthi nie“ in Feldkirch
Am vergangenen Samstagabend [11. September 1965] fand in Feldkirch die angekündigte Grosskundgebung gegen das geplante thermische Kraftwerk bzw. Ölkraftwerk Rüthi statt. Zu dieser Willensdemonstration hatten die Aktionskomitees Vorarlberg, der Schweiz und Liechtenstein aufgerufen. Es waren denn auch diesem Aufruf über 10‘000 Personen aus dem Rheintal gefolgt. Die Leute trugen grosse Transparente mit Aufschriften „Rüthi-Nein“ oder „Haltet Rüthi-Dreck vom subra Ländle weg“ usw. Auch einige Musikkapellen hatten sich zur musikalischen Umrahmung dieser Kundgebung eingefunden, so aus der Schweiz diejenige von Räfis-Burgerau und aus unserem Lande der Musikverein Frohsinn Ruggell (Auszug Bericht Vaterland vom 18. September 1965).
Insgesamt unterhielten sieben Musikkappellen die Teilnehmer der Kundgebung. Im Jahresbericht 1965 des Musikvereins Frohsinn hielt dabei Schriftführer Toni (Anton) Oehry folgendes fest:
Durch ein Schreiben vom Komitee zur Reinhaltung der Luft im Rheintal wurde uns bekannt gegeben, dass ein Musikverein vom Liechtensteiner Unterland an der Kundgebung in Feldkirch teilnehmen sollte. Entweder Ruggell oder Mauren. Da entschloss sich unser Vorstand, dass unser Verein teilnehmen soll. Also kam man am Samstag den 11. September Punkt 16.30 Uhr beim Schulhaus zusammen und fuhr mit dem Car nach Feldkirch. Beim Saalbau angekommen marschierten wir bis zur Marktgasse – in den Hexenkessel an diesem Abend. Dort angekommen spielten wir abwechlungsweise mit den anderen Vereinen einige Märsche neben der Bühne, bis die Redner anfingen. Was darauf für ein Spektakel losging, braucht keine Beschreibung mehr.
Auf dem Heimweg entschlossen wir uns im Löwen in Nofels einzukehren. Auf Wunsch einiger Gäste mussten wir noch spielen, aber bald war der Teufel los. Denn eine Bierkiste nach der anderen wurde spendiert. Aber beim Blasen konnte es ja nicht schief gehen, da unser Herr Lehrer Meier einen Ersatzdirigent hatte in der Person von Paul Hoop (Rhibuura Mangs Paul). Wenn nicht die Grenze um 24 Uhr zugegangen wäre, hätt der Spass noch bis in die Morgenstunden gedauert. Also zog man heimwärts mit dem Schlachtruf „Rüthi nie“.
Am Steuer des Cars sass dabei Musikant Tele Wisi (Alois Wohlwend), welcher in Feldkirch die Herausforderung einer engeren Kurve sehr optimistisch sah: „Das wär mr noch lächerlich, do kum ii scho umi.“ Die Verkehrstafel in der Kurve gab es danach nicht mehr, dafür einen Haufen lachender Musikanten.
1972 folgte ein weiterer Versuch der Nordostschweizerischen Kraftwerke AG (NOK) auf demselben Gelände in Rüthi: Statt ein Ölkraftwerk stand nun ein Atomkraftwerk zur Diskussion. Erst 1988 waren diese Pläne nach ausgiebigen Protesten vom Tisch. 1992 folgte der dritte Vorschlag der NOK und zwar der Bau eines Kombikraftwerkes mit Öl und Gas. 2006 warnte die Axpo vor einer Stromlücke in der Schweiz und bekräftigte den Bau eines Gaskraftwerkes. Gebaut wurde schlussendlich 2007 ein Umspannwerk, welches gemeinsam von der Axpo und den SBB realisiert wurde. Dafür wurden sechs bis sieben Hektar Land benötigt. Die Restfläche von etwa 10 Hektar würde zwar noch für den Bau eines Atomkraftwerks genügen. Dies ist damit jedoch unwahrscheinlicher geworden.
Christian Öhri